Was, wenn die politische Gesinnung nicht passt?

V. will Mitglied eines Vereins werden, der sich unteranderem für die gleichen Rechte von gleichgeschlechtlich Liebenden einsetzt. Doch V. engagiert sich mit seiner politischen Arbeit genau in gegengesetzter Richtung zu den Vereinszielen. Darf dieser V. nun in diesem Verein aufgenommen werden oder sollte ihm eine Mitgliedschaft verweigert werden?

Demo "Ehe für Alle" auf dem Münsterplatz in Bern am 17. Mai 2014.

Gleiche Rechte – ohne Kompromisse …

V. war federführend bei der Ausarbeitung der Volksinitiative: «Schweizer Recht statt fremde Richter» beteiligt. Diese sogenannte «Selbstbestimmungsinitiative» will die Europäische Menschrechtskonvention (EMRK) aufkündigen. Doch: Viele Errungenschaften für uns LGBTs in Europa haben wir der EMRK zu verdanken.

Dass ein Austritt aus der EMRK schwerwiegende Folgen für uns LGBTs hätte, bestätigte auch Hans-Peter Fricker, der politische Leiter von Network, letzten Oktober gegenüber in der «Mannschaft»:

Fällt das Schweizer Volk oder unser Parlament einen Entscheid, der die von der EMRK garantierten Rechte einer Minderheit verletzt oder einschränkt, können wir uns heute beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR wehren. Tritt die Schweiz aus der EMRK aus, können wir das nicht mehr.

Im Unterschied zu anderen Ländern existiert bei uns in der Schweiz keine Verfassungsgerichtbarkeit. Das Bundesgericht kann somit ein Gesetz nicht überprüfen, auch wenn dadurch Grundrechte verletzt werden, die von der Bundesverfassung eigentlich garantiert wären. Ausser der Anrufung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben Bürgerinnen und Bürger also keine Möglichkeit sich gegen Gesetze zu wehren. Der Schutz von Minderheiten werden in der Schweiz von der EMRK juristisch geregelt.

Im Umgang mit uns LGBTs hat die Schweiz einen gesellschaftlichen Wandel durchzogen und nach Aussagen von V. können wir getrost darauf vertrauen, dass sich die Mehrheit um uns Wohl kümmert. Dem widerspricht Hans-Peter Fricker vehement: «Das Pendel kann sehr leicht – zu unseren Ungunsten – auch wieder zurückschwingen». Und er ergänzt: «Umso bedauerlicher ist es, dass ein schwuler Jurist und Aktivist diese Initiative lanciert hat».

Ist damit die eingangs gestellte Frage beantwortet?